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Reinhold-Tüxen-Preis Presseartikel SZ 31.03.2009

Jeder kannte die „Unkrautwiese des Professors"


Todenmann (wm). Vor 30 Jahren, im Frühjahr 1979, hat Reinhold Tüxen sein letztes Symposium in Rinteln geleitet – ein Jahr später ist er gestorben. Tüxen ist in der Welt der Vegetationswissenschaftler noch überaus lebendig in Erinnerung – aber in Todenmann? Da erinnert eigentlich nur noch der Tüxenweg an den prominenten Professor, der 1963 als seinen Altersruhesitz das Kirschendorf erwählte und dort ein kleines Haus mit einem großen Garten am Weserblick baute. 

d467847064Wenn Walter Möller, Todenmanns ehemaliger Ortsbürgermeister, an den Professor denkt, hat er einen für sein Alter außerordentlich agilen, eher schmächtigen Mann in Erinnerung, der am und im Todenmanner Dorfteich nach Pflanzen gesucht hat – meist viele Studenten im Schlepptau. Für Rudolf Söffker ist der Wissenschaftler noch sehr präsent – kein Wunder, als ehemaliger Postbote im Dorf ist er Tüxen so gut wie jeden Tag begegnet, und fast immer haben die beiden auch geplaudert. Tüxen habe ihm von seinen Japanreisen erzählt und bald auch Professor Akira Miyawaki vorgestellt, der oft in Todenmann zu Besuch war und im Jahr 1995 auch den Tüxenpreis der Stadt Rinteln erhalten hat.

Tüxen war im Dorf beliebt, ein eher ruhiger und unauffälliger Bewohner, sagen Möller und Söffker – doch gleichzeitig für viele auch ein Mann, der in einer Welt lebte, die sie nicht ganz verstanden haben. So hatte Tüxen mit seinen Studenten am Waldrand ein großes Stück Land abgesteckt, auf dem Pflanzen wachsen durften, wie sie wollten. Für die Dorfbewohner war das „die Unkrautwiese des Professors". Tüxen hat Söffker das so erklärt: Er wolle hier sehen, was von selbst wächst, was welche Pflanzen verdrängt.

Tüxen-Sohn Jens, heute auch schon 80 Jahre alt, ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten. Er wurde zwar nicht Planzensoziologe, sondern Geologe, aber auch ein in der Fachwelt bekannter Professor und Experte für Moorlandschaften. Wer im Internet stöbert, findet eine Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen des Tüxen-Sohns. Dessen Sohn wiederum verließ den Pfad der Biologie: Er studierte Volkswirtschaft.

d557993091Sein Haus in Todenmann hat Tüxen gemeinsam mit seiner Frau Johanna zu einer Arbeitsstelle für theoretische und angewandte Pflanzensoziologie gemacht. Da gingen Wissenschaftler aus aller Welt ein und aus, besonders viele Japaner, erzählt sein Sohn. Auch Professoren aus Hawaii, Brasilien, Spanien, der Schweiz und Italien.

Wissenschaftler sei man eben auch als Pensionär. So hat Reinhold Tüxen in Todenmann, einem Dorf, das bisher nie auf einer Landkarte der Wissenschaftler erschienen war, 1965 die Rintelner Symposien ins Leben gerufen, eine Tagung, auf der Vegetationskundler ihre neuen Erkenntnisse austauschten. 520 Veröffentlichungen zählt Tüxens Werk, er hat unzählige Auszeichnungen erhalten, darunter die Humboldt-Medaille in Gold und diverse Ehrendoktorwürden.

Tüxen ist am 16. Mai 1980 gestorben, wenige Tage vor seinem 81. Geburtstag – sein Grab auf dem Todenmanner Friedhof ist so überwuchert, wie es Tüxen wohl gefallen würde. An ihn und seine Frau Johanna erinnert die Inschrift auf einem massiven Findling auf dem Grab.

Viele der persönlichen Freunde und Weggefährten Tüxens wurden später als Tüxen-Preisträger geehrt, wie Ernst Preising, Erich Oberdorfer und Otti Wilmanns.

Und Tüxens letzte Rede, 1979 auf dem Rintelner Symposium, hat bis heute nichts an Aktualität verloren, Tüxen appellierte nämlich: „Wir müssen als Wissenschaftler nicht nur versuchen, die Natur zu ergründen, sondern auch die Verantwortung übernehmen, die Natur zu bewahren, die Erde und das Leben."

Nach dem Tod Tüxens wurde mit dem Erlös aus dem Verkauf seiner wissenschaftlichen Bibliothek die Tüxengesellschaft ins Leben gerufen, an ihrer Spitze Professor Richard Pott, der auch in diesem Jahr das neunte Rintelner Symposium vom 8. bis 10. Mai dieses Jahres leitet.

© Schaumburger Zeitung, 31.03.2009

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