Reinhold-Tüxen-Preisträger 2006 Prof. Dr. Frank A. Klötzli
Die Stadt Rinteln hat zum Andenken an ihren Ehrenbürger, den Vegetationswissenschaftler Prof. Dr. Drs. h. c. mult. Reinhold Tüxen, den mit 5000 Euro dotierten Reinhold-Tüxen-Preis gestiftet, der seit 1987 verliehen wird, um Persönlichkeiten auszuzeichnen, die Hervorragendes in der Forschung und der Anwendung auf dem Gebiet der Vegetationskunde im In- und Ausland geleistet haben.
Dieser Preis ist bislang der einzige Wissenschaftspreis, der ausschließlich an Persönlichkeiten aus den ökologisch-vegetationskundlichen Disziplinen verliehen wird und deshalb auch international große Beachtung findet.
Auf Empfehlung des Kuratoriums der Reinhold- und Johanna-Tüxen-Stiftung wurde der Tüxen-Preis 2006 am 12. Mai 2006 in Rinteln an
Herrn Professor Dr. Frank A. Klötzli aus Wallisellen/Schweiz
verliehen.
Professor Dr. Frank Klötzli ist am 7.2.1934 in Thun in der Schweiz geboren. Nach der Schulausbildung hat er 1959 an der Eidgenössisch-Technischen Universität Zürich (ETH) sein Diplom absolviert. Im Jahre 1964 wurde er an der ETH zum Dr. sc. Nat. promoviert.
Danach war er Assistent und Oberassistent am Geobotanischen Institut der ETH. Im Jahr 1969 wurde er nach erfolgter Habilitation zum Privatdozenten für Angewandte Pflanzensoziologie und Pflanzenökologie ernannt. Seit 1976 war er als Professor bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1999 am Geobotanischen Institut der ETH tätig.
Professor Klötzli hat in seiner Zeit als Hochschullehrer und darüber hinaus bis heute eine Vielzahl von Forschungsaktivitäten entwickelt. Einige davon sind hier beispielhaft genannt: Nährstoff-Haushalt in Feuchtgebieten, vor allem in Schilfröhrichten und Bruchwäldern in Europa; Erarbeitung ökologischer Grundlagen für Entwicklungs- und Landschaftsschutz-Projekte in Äthiopien und in Tansania. Er hat weltweit über die Buchen- und Buchenmischwälder und über die tropischen Regenwälder gearbeitet. Ihm verdanken wir neueste Erkenntnisse zum Schutz und zum Erhalt von Feuchtgebieten und Heiden.
Seit 1981 arbeitete Professor Klötzli auch an wissenschaftlichen Untersuchungen in der nördlichen Lüneburger Heide.
Herr Professor Klötzli war im Naturschutz der Schweiz an vorderster Front tätig: Seit 1970 ist er Experte der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutz-Kommission. Von 1972 bis 1988 war Mitglied der Schweizerischen UNESCO-Kommission, im Jahre 1984 war er Präsident der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften und 1987 Mitglied des „World Council of Science" der UNESCO-Hauptkonferenz in Paris.
Professor Dr. Frank Klötzli war in einigen Institutionen der Schweiz (Biologische Kommission, Schweizerischer Umweltrat, etc.) tätig und durch Vorträge und Vorlesungen international bekannt.
Professor Dr. Frank Klötzli verstarb am 17. Dezember 2020 in Zürich.
Anlässlich der Preisverleihung wurde das VIII. Rintelner Symposium in der Zeit vom 12. – 14. Mai 2006
durchgeführt, welches unter folgendem Thema stand:
"Angewandte Vegetationskunde in den Trockenlandschaften der Erde"
Im Rahmen des Symposiums fand am Freitag, dem 12.05.2006, um 20.00 Uhr im Brückentorsaal Rinteln, ein öffentlicher Abendvortrag von Prof. Dr. Elias Landolt, Zürich, zu folgendem Thema statt:
"Verbreitung von invasiven Neophyten in Zürich und Umgebung"
Als biologische Invasionen bezeichnet man den Prozess der Ausbreitung von Lebewesen außerhalb ihrer natürlichen Herkunftsgebiete. Sie gelten weltweit als wesentliche Gefährdungsfaktoren der natürlichen Biodiversität und verursachen Kosten in Milliardenhöhe. Sich ausbreitende Tiere bezeichnet man als Neozoen, sich ausbreitende Pflanzen als Neophyten. Letztere behandelte Professor Dr. Elias Landolt, der emeritierte Lehrstuhlinhaber für Geobotanik an der ETH Zürich in seinem öffentlichen Abendvortrag nach der Verleihung des Reinhold-Tüxen-Preises am Abend des 12. Mai 2006 im Brückentorsaal in Rinteln.
Professor Landolt hat dieses Problem der neuartigen invasiven Ausbreitung von Neophyten in der Schweiz viele Jahre lang verfolgt und es in seinem Vortrag exemplarisch für das Stadtgebiet um Zürich behandelt. Viele exotische Pflanzenarten verhalten sich invasiv: d.h. sie breiten sich aus Gärten oder Parks aggressiv in die natürliche Umgebung aus und verdrängen dort die einheimischen Pflanzen und Tiere. Manchmal sind sie sogar giftig oder hauttoxisch wie der Riesenbärenklau Heracleum mantegazzianum aus dem Kaukasus, der sich heute massiv in den Auen der Weser und anderswo breitmacht. Er kann bei Berührung unter Einwirkung von Sonnenlicht schwere verbrennungsartige Hautverletzungen verursachen. Sehr aggressiv ist auch die Armenische Brombeere Rubus armeniacus, die aus Schrebergärten verwildert und wie ein „lebendiger Stacheldrahtverhau" große Flächen auf Brachegrundstücken einnehmen kann und nur unter größten Mühen und Kosten zu beseitigen ist. Solche und weitere Beispiele behandelte Professor Landolt und stellte sie für die Stadt Zürich vor.
In seinem Vortrag beschrieb er auch die Gründe für das invasive Verhalten solcher Neophyten: Es sind oft wärme- und nährstoffbedürftige Arten, die sich neuerdings ausbreiten – im Zuge der fortdauernden Nährstoffeinträge aus der Luft durch die Emissionen der Landwirtschaft und im Gefolge des „Global Warming" haben wir offenbar derzeit eine Konstellation von Umweltbedingungen geschaffen, die solchen invasiven Neophyten zugute kommt. Was uns in der Zukunft noch erwarten wird, darauf konnte Professor Landolt in seinem Abendvortrag einige Antworten geben.
Dieses Thema war nicht nur die Wissenschaft, sondern auch für die breite Öffentlichkeit von großem Interesse. Viele haben eventuell schon solche „biologischen Zeitbomben" im Garten, ohne es zu wissen. Viele Naturschützer ahnen die Gefahren – ohne sie genau einschätzen zu können.
Bilder von der Verleihung des Reinhold-Tüxen-Preises finden Sie hier....