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Reinhold-Tüxen-Preis

Presseartikel

Neue Osnabrücker Zeitung vom 08.05.2009

 

Daheim im „Raritätengarten"Von Bernhard Tripp
Rinteln/Bramsche.

Heute erhält Professor Drs. Dr. h. c. Heinrich E. Weber aus Bramsche im historischen Ratskeller der Stadt Rinteln mit dem Reinhold-Tüxen-Preis den bislang einzigen Wissenschaftspreis überhaupt, der seit 1987 ausschließlich an Vertreter der ökologisch-vegetationskundlichen Disziplinen verliehen und deshalb auch international beachtet wird.

Der Preis ist von der Stadt zum Andenken an ihren bisher einzigen Ehrenbürger, den 1980 verstorbenen Vegetationswissenschaftler Professor Reinhold Tüxen, gestiftet worden und mit 5000 Euro dotiert.

Er sei bekennender Botaniker, sagt der 77-jährige Preisträger über sich selbst. Weber ist der zehnte Preisträger. In der Begründung heißt es, der Bramscher habe in seiner Zeit als Hochschullehrer und danach bis heute schwerpunktmäßig die Taxonomie und Biodiversität besonders der Brombeeren (Rubus), die Syntaxonomie von Gebüschgesellschaften, Mooren, Gewässern und anderen Biotoptypen erforscht und sich einen Namen im Naturschutzmanagement für die Regeneration von Hochmooren gemacht. Über den Zeitpunkt seiner Emeritierung hinaus hat Weber zahlreiche fachbezogene Ehrenämter übernommen und zurzeit auch noch inne.

Der gebürtige Osnabrücker betrat gerade in seinem Spezialgebiet, der Erforschung der Brombeerarten, völliges Neuland – quasi auf dem Umweg über seine zweite Dissertation, diesmal im Fach Botanik. Denn bei der Erforschung der Ökologie und Vegetation der Wallhecken in Schleswig-Holstein, der „Knicks", machte der bereits promovierte Musikwissenschaftler eine Entdeckung, die für seinen Werdegang die Weichen stellte: „Da fand ich säckeweise Brombeeren", erinnert sich der rührige Pensionär, der sich daheim in seinem „Raritätengarten" an Objekten seiner wissenschaftlichen Begierde nicht sattsehen kann und Besucher gern durch die Anlage führt.

Hier kann er sich voll und ganz wissenschaftlich verwirklichen: Heinrich E. Weber in seinem „Raritätengarten“. Foto: Bernhard Tripp


Allerdings hatten die verschiedenen Arten der „Rubi" damals jahrzehntelang niemanden so recht interessiert. Weber fand zwar Ansätze im 19. Jahrhundert, die aber weitgehend verloren gegangen waren. Bis schließlich das Standardregelwerk über die „Gattung Rubus L. (Rosaceae) im nordwestlichen Europa" zusammengebaut war und publiziert werden konnte, leistete der Doktorand also Pionierarbeit, um erstmalig die verschiedenen Arten für seine bahnbrechende Monografie zu sichten, zu zeichnen und zu verschlüsseln. Das Ergebnis ist eine Sammlung von 35000 Herbarium-Exemplaren, auf die zeitgenössische Botaniker immer wieder zurückgreifen.

Das Interesse an Biologie war bei Weber schon früh im Schulalter ausgeprägt. Das Halten von Aquarien und Terrarien trat aber in den Hintergrund, als die freie Natur den jungen Weber reizte, letzte Reste von Hochmooren und Naturgewässern zu erkunden.

Der mehrfach für seine vegetationssoziologische Grundlagenforschung ausgezeichnete Weber war persönlich seit den 1950er-Jahren mit dem „Pionier der Pflanzensoziologie" bekannt. Die beiden Wissenschaftler pflegten eine rege Korrespondenz, zumal Tüxen die Vorläufer des heutigen Bundesamtes für Naturschutz und der „Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft" gegründet und die Arbeit wesentlich mitbestimmt hat.

Dass der Bramscher Professor einmal in Lehre und Forschung ein viel beschäftigter Vegetationswissenschaftler sein würde, war zunächst gar nicht abzusehen. Denn der junge Weber wuchs in einem sehr musikalischen Elternhaus auf und brachte es auf dem Klavier zu einer virtuosen Leistung, die noch heute „Spaß macht und jung erhält".

© Neue Osnabrücker Zeitung vom 08.05.2009